Beziehungskrise? Donald Trump und das Militär

Sarah Wagner, M.A.

Der Amtsinhaber im Weißen Haus greift die eigene Militärführung an, die mediale Berichterstattung fokussiert sich auf abwertende Äußerungen des Präsidenten gegenüber Veteranen und Gefallenen und auch die Zustimmungswerte innerhalb des Militärs sinken laut den letzten Umfragen. Zeit also, einen Blick auf die zivil-militärischen Beziehungen kurz vor der Wahl am 3. November zu werfen.

„Losers“ und „Suckers“

Als Verlierer und Trottel soll der Präsident ebenso die Gefallenen bezeichnet haben, die auf dem amerikanischen Friedhof Aisne-Marne in Frankreich begraben liegen, als auch die Marines, die in der Schlacht von Belleau Wood gefallen sind. Laut einem aktuellen Artikel von Jeffrey Goldberg in The Atlantic soll der Präsident sich auch abwertend über verwundete Veteranen geäußert haben und wollte diese von einer möglichen Militärparade ausschließen. Verwundete Veteranen mit Amputationen wolle schließlich niemand sehen, so der Präsident laut Jeffrey Goldberg. Dass sich der Präsident, der zeitgleich der Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist, in dieser Manier über die Mitglieder des Militärs zu äußern scheint, ist nicht neu. Schon die Kriegsgefangenschaft des 2018 verstorbenen Senators von Arizona, John McCain, kommentierte Trump in einem Interview mit dem Satz „He’s not a war hero. He’s a war hero because he was captured, okay.  I like people that weren’t captured.“ Als sich hieran Kritik entzündete, schob der damalige Kandidat auf Twitter noch schnell “Captured or not, all our soldiers are heroes!” nach. Doch das Unbehagen und das Unverständnis, mit welchem Donald Trump oft den Militärdienst anderer betrachtet, war und ist ein konstanter Begleiter seiner Präsidentschaft.

„They want to do nothing but fight wars.”

Angesichts der wenig schmeichelnden Berichterstattung, die sich an dem Atlantic Artikel entzündete, reagierte Trump nur wenige Tage später mit der von ihm gerne und häufig genutzten Strategie von Ablenkung und Angriff. Während der Präsident den Bericht von Goldberg als „Fake News“ abtat, griff er im gleichen Atemzug die eigene Militärführung an. So behauptete er, die Truppen würden ihn lieben, die Führungskräfte im Pentagon jedoch nicht, da diese lediglich Krieg führen wollten, um damit die daran verdienende Industrie zufrieden zu stellen. Das Pentagon veröffentlichte zu diesen Aussagen kein Statement, der Chief of Staff of the Army, General James McConville, versuchte, die Aussagen seines Vorgesetzten wenigstens halbwegs abzumildern. Auf Twitter verkündete Trump dann zusätzlich dass der Militärzeitung Stars and Stripes nicht das Budget gekürtzt werden solle, auch wenn das Pentagon dies vorher noch offiziell verkündet hatte. Auch hier reagierte der Präsident auf die negative Berichterstattung und war um Schadensbegrenzung bemüht.  

Kurz vor den Wahlen zeigt sich erneut, dass das Verhältnis von Trump zu den Generälen immer noch angespannt ist. Zwar umgibt und inszeniert er sich gerne mit Männern in Uniform, von professionellen und konstruktiven zivil-militärischen Beziehungen auf der präsidialen Ebene ist man in den USA momentan jedoch weit entfernt. Vielmehr führt die durch Trump angetriebene Politisierung des Militärs zu einer Belastungsprobe für eben diese Beziehungen. Ein Zeichen hierfür sind beispielsweise die Äußerungen der Generäle, die sich aus der Rente noch einmal zu Wort melden und deutliche Worte für den Präsidenten finden. Admiral Mike Mullen äußerte sich mit den Worten: „I remain confident in the professionalism of our men and women in uniform. […] They will obey lawful orders. But I am less confident in the soundness of the orders they will be given by this commander in chief […].” Und auch der ehemalige Verteidigungsminister, General James Mattis, fand eine klare Formulierung in einem offenen Brief: “Donald Trump is the first president in my lifetime who does not try to unite the American people — does not even pretend to try. Instead he tries to divide us. We are witnessing the consequences of three years of this deliberate effort. We are witnessing the consequences of three years without mature leadership.” Beide Äußerungen bezogen sich auf den von der Trump-Administration inszenierten Fototermin vor der St. John’s Kirche Anfang Juni dieses Jahres, für den der Präsident den Platz zwischen der Kirche und Lafayette Park gewaltsam und mithilfe von Truppen der Nationalgarde räumen ließ. Bei der Räumung wurden die friedlichen Demonstrierenden, die vor Ort gegen Polizeigewalt protestierten, zum Teil mit Tränengas vertrieben, ein Vorgehen, was selbst von Vertretern der Nationalgarde kritisiert wurde. Inwiefern die Statements der ehemaligen Militärs nun hilfreich sind oder im Umkehrschluss die Politisierung des Militärs noch weiter vorantreiben, ist einen separaten Blogbeitrag wert. Doch mit Blick auf die Wahl ist die interessantere Frage eher, wie ist es um die Unterstützung von Donald Trump im Militär generell bestellt? „I can tell you I have […] the support of the military” behauptete Trump im März 2019. Schauen wir uns die Zahlen daher einmal genauer an.

Die aktuellen Umfragen

Im Oktober 2016 war Donald Trump im Vergleich zu Hillary Clinton der klare Favorit unter den Wähler*innen, die dem US-Militär angehören. Zwar gab es auch hier Unterschiede, Offiziere und Frauen standen dem Kandidaten kritischer gegenüber, aber dennoch führte Trump in den Umfragen mit 40,5% vor Hillary Clinton, 20,6%, und dem Kandidaten der Libertarian Party, Gary Johnson. Dieser lag in den Umfragen mit 27% sogar noch vor Hillary Clinton. Im Wahlkampf 2020 konnte bisher kein Kandidat einer dritten Partei eine ähnliche Popularität erlangen wie damals Johnson; in Umfragen unter dem Militär liegt die Option Drittpartei bei 12,8%, allerdings gaben auch ganze 9% an, gar nicht wählen zu wollen. Die Zustimmungswerte von Trump sind seit seinem Amtsantritt kontinuierlich von 46,1% auf 37,8% gefallen und liegen somit noch unter dem nationalen Durchschnitt von 42,7%. Die politischen Inhalte und Äußerungen von Donald Trump stoßen bei den aktuell dienstleistenden Militärs zudem nicht unbedingt auf Gegenliebe. Eine deutliche Mehrheit von 69,3% spricht sich für ein Verbot der Flagge der Konföderierten Staaten auf Militärinstallationen aus, 47,6% stufen „white nationalism“ als ein großes Problem für die nationale Sicherheit ein (knapp hinter Bedrohungen wie ISIS).

In der Umfrage vom August 2020 führte Joe Biden mit 41,3%, Donald Trump lag mit 37,4% hinter dem Demokraten. Um seine Popularität im Militär zu demonstrieren und als Reaktion auf diese Werte, veröffentlichte die Trump-Kampagne einen offenen Brief von 700 Veteranen, die ihre Unterstützung für den Präsidenten bekundeten. Die Unterstützung von Mitgliedern des Militärs zu suchen und publik zu machen, ist nicht ungewöhnlich für eine Kampagne, allerdings war dieser Brief auffallend „underwhelming“, in den Worten des zivil-militärischen Experten Peter Feaver. Denn es handelte sich bei den Veteranen um Vertreter von niedrigeren Rängen, was im politischen Kontext dann doch eher ungewöhnlich ist und das Fehlen von hochrangingen militärischen Unterstützern von Trump noch auffallender macht. Allerdings entspricht diese Unterstützung für Trump unter Veteranen dem Trend, laut einer Pew Research Center Umfrage vom Sommer 2019 befürworten 57% der Veteranen die Arbeit des Präsidenten. Hier zeigt sich auch, im Vergleich mit den nationalen Umfragen und denen im Militär, dass sich Veteranen in einem stärkeren Ausmaß mit der Republikanischen Partei identifizieren als der nationale Durchschnitt (59% verglichen mit 44%).

Time to vote?

Mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen lässt sich also sagen, dass die Honeymoon-Phase zwischen den Militärs, den Generälen sowie den unteren Rängen, und ihrem Oberbefehlshaber vorbei ist. Doch wie signifikant diese Entwicklung ist, wird auch von der Wahlbeteiligung im Militär abhängen. 2018 waren lediglich 61% der Wahlberechtigten im Militär als Wähler*in registriert, trotz der historischen Wahlbeteiligung in den Zwischenwahlen 2018 gingen im Militär nur 26% der Wahlberechtigten zur Wahl. Mehr als 2/3 dieser Wähler*innen wählten durch Briefwahl mit einem „absentee ballot“ – ein weiterer Dorn im Auge des Präsidenten.