Zwischen Anti-Abtreibungspolitik, Missionierung und sinkenden Mitgliederzahlen – Der Einfluss von Religion und Kirche in den USA

Franziska Schmitt

Christliche Religion hat in den USA schon immer eine wichtige Rolle gespielt, was nicht zuletzt auch in der Intention der ersten europäischen Siedler*innen in den USA lag, ihre Religion frei auszuüben, also getrennt von staatlichen Eingriffen. Dieses war eines der Kriterien, weshalb viele Menschen aus Europa überhaupt in die USA ausgewandert sind, da sie das zum gegebenen Zeitpunkt in ihren Herkunftsländern nicht immer tun konnten. Ein weiteres Indiz für die Wichtigkeit von Religion ist der christliche Gottesbezug im Gesetz. Zwar wird Gott in der US-Verfassung bewusst nicht erwähnt, unter anderem weil darin ein großer Wert auf die Betonung der Religionsfreiheit gelegt wird, jedoch taucht der Bezug zu Gott in jeder einzelnen Staatsverfassung der Bundesstaaten auf sowie beispielsweise in der Unabhängigkeitserklärung.

Sinkende Mitgliederzahlen in Kirchen, Synagogen und Moscheen

Aktuell lässt sich allerdings beobachten, dass die Zugehörigkeit zu Kirche und Religion schon seit vielen Jahrzehnten in den USA zurückgeht. Eine Studie des amerikanischen Meinungsforschungsinstituts Gallup von 2021 zeigt, dass erstmals weniger als 50 Prozent der US-Amerikaner*innen angeben, Mitglied einer Kirche, Synagoge oder Moschee zu sein. Das ist der niedrigste Stand seit Beginn der Umfrage 1937. In anderen, wirtschaftlich gut entwickelten Ländern wie etwa Deutschland zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung ab. Wenn man nach den Gründen für den Rückgang der Kirchenmitgliedschaft in den USA sucht, fällt vor allem auf, dass es große Unterschiede zwischen den Generationen gibt. So sind in den älteren Generationen deutlich mehr Menschen Mitglied in einer Kirche, Synagoge oder Moschee als in den jüngeren Generationen. Auch zwischen verschiedenen Bildungsschichten oder Anhänger*innen unterschiedlicher politischer Parteien sind Unterschiede festzustellen. Insgesamt entschließen sich mehr Katholik*innen, Demokrat*innen, Menschen ohne Collegeabschluss und Einwohner*innen aus dem östlichen Teil der USA, aus der Kirche auszutreten bzw. fühlen sich der Religion weniger zugewandt als Protestant*innen, Republikaner*innen, Menschen mit Collegeabschluss und Einwohner*innen aus anderen Teilen der USA.

Gründe für den Rückgang der Mitgliederzahlen

Dies spricht dafür, dass der Rückgang stark mit der sich wandelnden Beschaffenheit der US-amerikanischen Gesellschaft zusammenhängt. Studien finden jedoch auch weitere Gründe für die sinkenden Mitgliederzahlen in religiösen Gemeinden wie etwa der Missbrauchsskandal in der Römisch-Katholischen Kirche und in diesem Zusammenhang auch der Verlust des Ansehens von Papst Franziskus, was immer mehr US-Katholik*innen dazu bewegt, sich von der Kirche abzuwenden. Gerade jüngere Generationen werden hingegen zum Beispiel durch die Nähe vieler ranghoher Protestant*innen und insbesondere weißer Evangelikal*innen zu Ex-Präsident Donald Trump von der Mitgliedschaft in der Kirche abgeschreckt, da sie Trump und dessen Politik eher ablehnen. In diesem Zusammenhang kann außerdem gesagt werden, dass viele US-Bürger*innen auch im Allgemeinen die Zuwendung der Kirchen in den USA zur Politik und zu einzelnen politischen Parteien eher ablehnen. So ist beispielsweise die Zuwendung zur Republikanischen Partei insbesondere für links und liberal denkende Amerikaner*innen unattraktiv und kann sie demnach auch zum Austritt aus der Kirche bewegen. Und schließlich kommt noch hinzu, dass ein stärkeres Verschmelzen verschiedener religiöser Strömungen und Traditionen zu neuen, individuellen Varianten von Glaube oder Religion führt, die sich nicht unbedingt mit den bestehenden Kirchengemeinden decken, weshalb einige Menschen sich keiner Gemeinde zugehörig fühlen.

Religionsverbundenheit in den USA nach wie vor überdurchschnittlich hoch

Damit reihen sich die USA in einen globalen Trend ein, bei dem die Kirchenmitgliedschaft stetig sinkt. Das muss jedoch nicht zwangsläufig bedeuten, dass der Einfluss von Religion und Kirche nicht trotzdem nach wie vor – insbesondere in bestimmten Regionen oder für bestimmte Bevölkerungsgruppen – sehr groß sein kann. Ganz besonders vor dem Hintergrund, dass die USA weiterhin im internationalen Vergleich sehr hohe Zustimmungswerte zu Religion vorweisen können. Während etwa 49 Prozent der US-Amerikaner*innen angeben, Religion sei sehr wichtig in ihrem Leben, sind es in Australien nur 20 Prozent der Bevölkerung und in Japan sogar nur neun Prozent. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Religionsverbundenheit in den USA trotz der Corona-Pandemie im Jahr 2020 nicht gesunken ist. Eine Studie des Pew Research Centers zeigt, dass US-Amerikaner*innen innerhalb einer Untersuchungsgruppe von 14 wirtschaftlich gut entwickelten Ländern in Nordamerika, Europa und Asien sogar diejenigen waren, die mit großem Abstand zu den anderen Ländern am häufigsten angab, durch die Pandemie sei sowohl ihr eigener Glaube als auch der Glaube anderer Menschen aus ihrem Land gestärkt worden. Auffallend ist aber, dass es dabei bedeutende Unterschiede zwischen den religiösen Subgruppen und Gemeinden innerhalb der USA gab. So gibt fast die Hälfte der in der Studie befragten weißen evangelikalen Protestant*innen aus den USA an, ihr Glaube sei durch die Pandemie gestärkt worden, während dies nur auf 21 Prozent der weißen nicht evangelikalen Protestant*innen und auf 35 Prozent der Katholik*innen in den USA zutrifft.

Verteilung verschiedener Religionsgemeinschaften in der US-Bevölkerung

Diese Tatsache liefert Grund zur Annahme, dass es hinsichtlich des Einflusses von Religion und Kirche in den USA trotz insgesamt rückläufiger Zahlen Unterschiede zwischen einzelnen Religionsgemeinden und damit auch regionale Unterschiede zu geben scheint. Zunächst einmal lohnt es sich dafür, einen Blick auf die Größe und Verteilung der einzelnen Religionsgemeinschaften zu werfen. Die größte religiöse Gruppe sind Protestant*innen, zu denen auch Evangelikal*innen zählen, und andere christliche Strömungen, welche insgesamt einen Anteil von 45 Prozent an der amerikanischen, erwachsenen Bevölkerung ausmachen. Es folgen Katholik*innen, die mit 25 Prozent die zweitgrößte Gruppe bilden. Als drittgrößte Gruppe sind dann bereits diejenigen zu nennen, die angegeben, keine Religionszugehörigkeit zu haben. Sie stellen mit 19 Prozent fast ein Fünftel der Bevölkerung. Alle anderen Religionen sind um ein Vielfaches weniger vertreten. Jüd*innen bilden zwei Prozent der Bevölkerung, Muslim*innen und Mormon*innen jeweils ein Prozent und alle anderen Religionen kommen zusammengefasst auf einen Bevölkerungsanteil von sieben Prozent. Zwei dieser Gruppen, die Evangelikal*innen und die Mormon*innen, werden im Folgenden näher betrachtet.

Glaubensprinzipien im Evangelikalismus und regionale Verteilung in den USA

Die Glaubensgemeinschaft der Evangelikal*innen zählt offiziell zu den Protestant*innen, stellt jedoch eine sehr konservative Strömung innerhalb des Protestantismus dar. Evangelikal*innen orientieren sich in ihrem Glauben eng an der Bibel, sie befürworten beispielsweise das kreationistische Weltbild, welches davon ausgeht, dass Gott die Welt und das gesamte Leben vor etwa 6.000 Jahren schuf und lehnen in dieser Hinsicht wissenschaftliche Annahmen ab. Die Religion fußt außerdem auf den Prinzipien der Ablehnung von Pornografie und außerehelichem Geschlechtsverkehr, Homosexualität, Feminismus, Abtreibung und Verhütung. Darüber hinaus spielen Endzeit- und Erlöservorstellungen eine große Rolle und wurden von Anhänger*innen der Gemeinschaft auch vielfach auf Donald Trump, den ehemaligen US-Präsidenten, projiziert. Viele Evangelikal*innen lassen sich als Jugendliche oder Erwachsene taufen – oftmals nach einer direkten Glaubenserfahrung – und gehen regelmäßig zu den Gottesdiensten, die meist sehr modern und popkulturell gestaltet sind.

Innerhalb der Gemeinschaft der Evangelikal*innen gibt es auch besonders strikte Mitglieder, die sich dem fundamentalistischen Evangelikalismus zuordnen lassen. Sie legen die Bibel sogar wörtlich aus und vertreten neben den oben genannten Prinzipien zum Beispiel ein überaus konservatives Frauenbild, welches die Frau als nicht gleichwertig und deshalb dem Mann gegenüber untergeordnet sieht, angelehnt an die in der Bibel propagierten Frauenbilder der Eva und Maria. Evangelikal*innen machen jeweils den größten Bevölkerungsanteil in den US-Bundesstaaten Tennessee (52 Prozent), Alabama (49 Prozent), Kentucky (49 Prozent) und Oklahoma (47 Prozent) aus. Diese vier Staaten werden deshalb auch „Bible Belt States“ genannt. Auch in Arkansas (46 Prozent) und Mississippi (41 Prozent) sind Evangelikal*innen zahlreich vertreten. Damit kann insbesondere der Süden der USA als überwiegend evangelikal charakterisiert werden, während insbesondere der Bundesstaat Utah, aber auch der Nordosten der USA die verhältnismäßig wenigsten Evangelikal*innen beheimatet.

Glaubensprinzipien im Mormonentum und regionale Verteilung in den USA

Auch die Mormon*innen sind eine christliche Glaubensgemeinschaft. Sie orientieren sich allerdings neben der Bibel noch an dem zeitlich jüngeren „Buch Mormon“ („The Book of Mormon“), welches 1830 von dem Gründer der Gemeinschaft und als Prophet geltenden Joseph Smith veröffentlicht wurde. Die Mormon*innen glauben an eine Reformierung des Christentums durch Joseph Smith, aus dem ihre Kirche, die sogenannte Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage („Church of Jesus Christ of Latter-Day Saints“ bzw. „LDS“) hervorging. Nach dem Tod von Joseph Smith soll Brigham Young die Mormon*innen im 19. Jahrhundert nach Utah ins Salt Lake Valley geführt haben, wo sie sich ansiedelten und unter anderem einen Tempel bauten. Noch heute bildet dieses Temple Square das Zentrum von Salt Lake City.

Die Glaubensgemeinschaft der Mormon*innen lebt nach strengen Regeln, die es unter anderem verbieten, Alkohol, Kaffee, Tee oder Zigaretten zu konsumieren und Geschlechtsverkehr zu haben, bevor man verheiratet ist. Die Ehe und meist kinderreiche Familie spielen eine besonders große Rolle in der Glaubensgemeinschaft, genauso wie die Hilfe für andere, die stets ehrenamtlich ist. Homosexualität wird auch im Mormonentum abgelehnt. In der heterosexuellen Ehe herrscht eine klare Rollenverteilung, bei der der Ehemann das Geld verdient und für die Familie sorgt, während die Ehefrau vor allem die Kinder versorgt und sozial aktiv ist. Auch Mormon*innen besuchen regelmäßig die Gottesdienste in der Gemeinde, die oft mit zusätzlichen Gesprächsrunden oder Betreuung für die Kinder verbunden ist. Die Tempel bzw. Kirchen dürfen jedoch explizit nur von Mitgliedern betreten werden. Die darin stattfindenden Zeremonien werden vor der Außenwelt geheim gehalten, weil sie für die Mormon*innen heilig sind.

Eine besondere Praktik stellen die Glaubensmissionen innerhalb der Gemeinde dar, bei denen junge Menschen nach der Schule oder oftmals schon während des Studiums eine anderthalb bis zweijährige Mission fern ihrer Heimatregion ableisten, um Menschen im In- oder Ausland von Jesus Christus zu berichten und sie möglichst zum Mormonentum zu bekehren. Darüber hinaus nutzt die Kirche viele moderne Methoden, um bestehende Skepsis in der US-Bevölkerung ihr gegenüber aufzulösen und ihre Mitglieder als „ganz normale Menschen“ zu zeigen. Deshalb gibt es außergewöhnlich viele Influencer*innen auf Social Media, die der Kirche angehören, sich offen dazu bekennen, Einblicke in ihr Alltagsleben geben und für die Religion werben. Mormon*innen sind in den USA zwar auf die Gesamtbevölkerung betrachtet eine Minderheit, allerdings dominieren sie den Bundesstaat Utah, in dem über 2 Millionen der weltweit 16 Millionen Mitglieder leben und dort zwei Drittel der Einwohner*innen ausmachen.

Einfluss von Religion auf US-Politik

Der Einfluss der beiden Religionsgemeinschaften auf Politik und Gesellschaft wird vielfach in den – auch deutschen – Medien diskutiert. Dabei ist gerade die Sympathie der Evangelikal*innen gegenüber der republikanischen Partei und besonders dem ehemaligen, republikanischen US-Präsidenten Donald Trump sehr bekannt. Weiße Evangelikal*innen machen zwischen 20 und 25 Prozent der US-Wählerschaft aus und wählten bei der Präsidentschaftswahl 2016 zu knapp 80 Prozent Donald Trump. Damit waren sie ein breites Standbein für seinen Wahlerfolg. Ihr Votum orientierte sich dabei teilweise fast ausschließlich an seiner Position gegen Abtreibung. Aber auch bei anderen Themen wie dem Werben für ein traditionelles Familienbild mit ehelichen Strukturen oder der Ablehnung der Homo-Ehe konnte Trump sich bei den Evangelikal*innen beliebt machen.

Im Gegenzug kam Trump während seiner Amtszeit vielen ihrer Forderungen nach und drückte damit in vielerlei Hinsicht seiner Präsidentschaft einen evangelikalen Stempel auf. So setze er beispielsweise gleich zwei konservative Bundesrichter*innen ein, die sich bereits vor ihrem Amtsantritt deutlich für ein Abtreibungsverbot aussprachen. Trump nahm außerdem Evangelikal*innen wie den ehemaligen US-Außenminister Mike Pompeo in sein Kabinett oder in seine Beraterreihen auf. Darüber hinaus vollzog er Handlungen mit starkem religiös-symbolischen Charakter wie etwa die Verlegung der US-Botschaft in Israel nach Jerusalem. Deshalb hat auch 2020 eine deutliche Mehrheit der Evangelikal*innen (81 Prozent) erneut Trump gewählt.

Doch auch viele Mormon*innen sympathisierten mit Trump und 72 Prozent von ihnen gaben ihm bei der Wahl 2020 ihr Votum. Auch für letztere war insbesondere Trumps Einstellung zum Thema Abtreibung ausschlaggebend für die Wahlentscheidung. Und auch zuvor hatte sich die Bereitschaft der Mormon*innen, als Kirche in die Politik einzugreifen und bestimmte Themen im Sinne ihrer Glaubensprinzipien zu beeinflussen, schon gezeigt. So engagierte sich die Kirche 2008 mit Spenden in Höhe von mehreren Millionen US-Dollar für die sogenannte „Proposition 8“-Initiative, welche das Ziel verfolgte, gleichgeschlechtliche Ehen in Kalifornien zu verbieten. Unter anderem durch die Finanzierung der Kirche konnte schließlich eine Volksabstimmung und daraufhin eine Verabschiedung des Antrages erzielt werden, wobei die Abstimmung etwa 1,5 Jahre später vom Supreme Court als verfassungswidrig erklärt und damit rückgängig gemacht wurde.

Einfluss von Religion auf US-Gesellschaft

Doch nicht nur in der Politik, sondern auch in der Gesellschaft schaffen es beide Religionsgemeinden immer wieder, ihren Einfluss geltend zu machen. Das geschieht nicht zuletzt deshalb, weil Kirchen im Allgemeinen in den USA noch viel stärker mit gesellschaftlichen Strukturen verwoben sind als dies in anderen Ländern üblich ist. So betreiben sie vielerorts Schulen oder Universitäten oder veranstalten Events wie Musikfestivals.

Ein Beispiel hierfür ist die Brigham Young University in Utah, ein College, das durch die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage finanziert wird und gleichzeitig eine der größten Privatschulen in den USA ist. Dort werden Bildung und Religion eng miteinander verknüpft und es gibt strenge Vorschriften für das Alltagsleben der Studierenden auf dem Campus: Der Ehrenkodex, zu dessen Einhaltung sich alle Studierenden verpflichten, verbietet alkoholische Getränke, Kaffee, Tee, Zigaretten und Geschlechtsverkehr mit Personen, mit denen man nicht verheiratet ist. Auch ein Dresscode, der z.B. Frauen das Tragen kurzer Röcke, die die Knie entblößen könnten, verbietet, gehört dazu. Sonntags gemeinsam mit den anderen Studierenden einen Gottesdienst auf dem Campus zu besuchen ist für die meisten selbstverständlich. Da bereits jede*r vierte BYU-Studierende verheiratet ist, gibt es auf dem Campus sogar ein Marriage Resource Center, das Workshops für Verlobte anbietet oder Ehepaare in Krisen berät. Aufgrund der stark religiösen Ausrichtung sind weit über 90 Prozent der Studierenden an der BYU Mormon*innen. Sie profitieren unter anderem von geringeren Studiengebühren, die auch im US-Vergleich als verhältnismäßig niedrig gelten. Für Nicht-Mormon*innen sind sie allerdings doppelt so teuer.

Neben solcher struktureller Einflüsse zeigt sich auch bei aktuellen Themen wie der Corona-Pandemie, wie sehr Kirchen in den USA nach wie vor ihre Anhänger*innen im Alltag beeinflussen. Dies zeigt eine Studie des Public Religion Research Institutes in den USA von März 2021. Darin gaben 44 Prozent der Personen, die regelmäßig Gottesdienste besuchten und allgemein eher skeptisch gegenüber einer Covid-19-Impfung waren, an, ihre Impfbereitschaft zu erhöhen, falls beispielsweise religiöse Führungspersonen in der Gemeinde sich öffentlich impfen lassen oder dafür aussprechen würden.

Auch in Zukunft starker christlicher Einfluss in den USA wahrscheinlich

Ganz allgemein lässt sich der bestehende Einfluss der christlichen Religionen in den USA unter anderem auch daran erkennen, dass auch 2020 noch 49 Prozent der Amerikaner*innen sagten, die Bibel solle einen Einfluss auf die Gesetzgebung haben, knapp ein Viertel sprach sich sogar für einen erheblichen Einfluss aus. Unter evangelikalen Christ*innen betrugen die Werte sogar fast 90 Prozent bzw. 58 Prozent. In Kombination mit der Tatsache, dass der US-Kongress schon immer überwiegend christlich war und sich auch 2019 rund 90 Prozent der Kongressmitglieder als Christ*innen identifizierten, wird klar, dass eine christliche Einfärbung der US-Politik bereits in der Vergangenheit häufig eine Rolle gespielt hat und auch in Zukunft nicht unwahrscheinlich ist.

Dafür spricht zusätzlich, dass – obgleich in vielen modernen Ländern die Anzahl der Kirchenmitglieder zurückgeht – beispielsweise die Religionsgemeinde der Mormon*innen eine der schnellst wachsenden Religionen weltweit ist. Es wird angenommen, dass ihre Gemeinde bis 2085 von aktuell 16 Millionen auf etwa 285 Millionen Mitglieder anwachsen wird, von denen ein Großteil in den USA lebt. In Anbetracht dessen könnte sich ihr Einfluss auf Politik und Gesellschaft innerhalb der nächsten Jahrzehnte sogar noch deutlich verstärken.

Es bleibt festzuhalten, dass trotz sinkender Mitgliedszahlen in den Religionsgemeinden in den USA die etablierten, insbesondere christlichen Kirchen es nach wie vor zu verstehen wissen, sowohl die Politik als auch das Alltagsleben ihrer Mitglieder und die Gesellschaft wesentlich zu beeinflussen. Auch wenn die Popularität von Religion weltweit abnimmt, ist sie in den USA noch immer außergewöhnlich hoch und damit bleiben Religion und Kirche voraussichtlich auch in den nächsten Jahrzehnten weiterhin ein bedeutender Einflussfaktor auf Politik und Gesellschaft.