Die Vorentscheidung? Die Vorwahlen der Demokraten und der Super Tuesday

von Dr. David Sirakov

Der Auswahlprozess für den oder die Präsidentschaftskandidat*in der Demokratischen Partei steuert auf einen weiteren Höhepunkt zu. Am 3. März 2020 finden in 14 Staaten, einem Territorium sowie den Democrats Abroad Vorwahlen[1] statt. In ihnen leben mit 130 Millionen knapp 40 Prozent der US-Bevölkerung und damit annähernd zehnmal so viele US-Amerikaner*innen wie in den bisherigen Vorwahlstaaten Iowa, New Hampshire, Nevada und South Carolina. Das schlägt sich auch in den zu vergebenen Delegiertenstimmen nieder. Sie belaufen sich auf 1.357 (34 Prozent der gesamten Delegiertenanzahl) und übersteigen damit um mehr als das Achtfache die bislang vergebenen 155.

Während man die Bedeutung der bisherigen vier Vorwahlstaaten mit dem Signalcharakter, dem häufig genannten Momentum, verband, zeichnet sich der Super Tuesday vor allem durch die große Bevölkerungs- und Delegiertenzahl aus und kann so durchaus bereits vorentscheidend sein. Damit gemeint ist weniger, dass am Mittwoch bereits klar ist, wer der oder die Herausforder*in Donald Trumps sein wird. Das ist schon allein deshalb unwahrscheinlich, da für die Nominierung mindestens 1.991 Delegiertenstimmen notwendig sind und kein*e Kandidat*in über diese Anzahl am kommenden Mittwoch verfügen wird. Vielmehr ist ein Ausdünnen des Kandidatenfeldes und damit eine Tendenz zu erwarten, welche Kandidat*innen und damit verbundenen ideologischen Positionen noch im Rennen sein werden.

Hinzu kommt der zumindest zu den ersten drei Staaten deutlich andere demographische Zuschnitt der 14 Vorwahlen am kommenden Dienstag. Während dort bislang insbesondere überwiegend weiße Bundesstaaten zur Kandidatenauswahl aufgerufen waren (Nevada hebt sich hier mit Blick auf den dort vorhandenen Anteil von Hispanics sicherlich etwas ab), kommen in ihrer Gesamtheit die Super Tuesday-Staaten sehr viel näher an den demographischen Mix der Vereinigten Staaten.

Einen ersten möglichen Hinweis auf die Wahlausgänge in den 14 Bundesstaaten könnte dabei das Ergebnis in South Carolina liefern, wo die Bevölkerung am vergangenen Samstag in einer für alle Wähler offenen Vorwahl (Demokraten, Republikaner wie auch Unabhängige) ihren Kandidaten für die Demokratische Partei bestimmten. Wie Sarah Wagner in ihrem Blogeintrag bereits deutlich machte, war South Carolina der erste Bundesstaat mit einem signifikanten Anteil an African Americans und damit ein wichtiger Fingerzeig auf das Wahlverhalten dieses für die Demokraten überaus wichtigen Wählerklientels.

Joe Bidens Comeback. Eine Nachlese zu South Carolina

Die Kampagne des ehemaligen Vizepräsidenten, Joe Biden, verlief bislang sehr durchwachsen. In Iowa landete er auf Platz vier und in New Hampshire sogar nur auf dem fünften Rang. In Nevada konnte er zwar den zweiten Platz erringen, blieb aber weiterhin hinter den Erwartungen angesichts zunächst vielversprechender Umfragen. So standen vor den Vorwahlen in South Carolina lediglich 15 Delegiertenstimmen auf Bidens Konto, während Bernie Sanders mit 45, gefolgt von Pete Buttigieg (26), die Kandidatenliste anführte.

Joe Biden musste in South Carolina liefern. Und er tat es eindrucksvoll. Mit 48,4% der abgegebenen Stimmen verwies er Sanders (19,9%) und Tom Steyer (11,3%) mit deutlichem Vorsprung auf den zweiten und dritten Platz und übertraf dabei sämtliche Umfragen. Entlang der Exit Pollszeigt sich, dass sich der Erfolg Bidens durch nahezu alle demographischen Kennziffern (Geschlecht, Alter, Ethnie usw.) zieht. Insbesondere Afro-Amerikaner, Wähler ab 45 Jahren (hier vor allem die Gruppe ab 65 Jahren) und Moderate trugen dazu bei. Einzig in der Gruppe "18 bis 29 Jahre" sowie denjenigen, die grundsätzlich keine Gottesdienste besuchen, konnte Sanders besser abschneiden. Hier offenbart sich aber auch das Problem Bidens, die jüngere Generation überzeugend anzusprechen. Aus dem Ergebnis kann die Biden-Kampagne neue Zuversicht schöpfen, könnte insbesondere das Wahlverhalten der afro-amerikanischen Wähler Signalwirkung haben.

Hinzu kommt der Ausstieg von Tom Steyer im Anschluss an den Wahlgang in South Carolina, der in Anbetracht seiner überschaubaren Ergebnisse zumindest zu einer leichten Konsolidierung moderater Stimmen führen wird, was durchaus Joe Biden helfen könnte. Ob das auch bedeutet, dass Bidens Chancen am kommenden Dienstag steigen, ist schwer vorauszusehen. Der Blick in die Super Tuesday-Staaten zeigt dies deutlich.

Der Super Tuesday

Wie bereits erwähnt, kommen in Gänze gesehen die 14 Bundesstaaten der US-Demographie recht nahe. Gleichwohl kommt es zu einer (leichten) Unterrepräsentanz von Weißen (-7%, Bundesschnitt: 60%) und Afro-Amerikanern (-1, Bundesschnitt: 12%), während Latinos um 7% (Bundesschnitt: 18%) überrepräsentiert sind. Entlang der Erfahrungen aus Nevada könnte gerade Letzteres einen zentralen Vorteil für Bernie Sanders mit sich bringen. Denn in den dortigen Vorwahlen entschieden sich Latinos zu 50% für Sanders. Biden folgte auf Platz zwei mit lediglich 17%. Betrachtet man die einzelnen Bundesstaaten und hier vor allem die beiden Größten, Kalifornien (416 Delegierte) und Texas (228 Delegierte), könnte sich der Vorteil für Sanders noch vergrößern. In beiden Bundesstaaten liegt der Anteil von Latinos an der Bevölkerung bei 39%, der Anteil der Afro-Amerikaner ist hingegen eher unterdurchschnittlich. Und auch die Umfragen für Texas und Kalifornien sehen Sanders deutlich vor Biden.

Der Blick auf die demographische Zusammensetzung spiegelt sich dann auch weitgehend in den Umfragen zu den weiteren Super Tuesday-Staaten wider. So tendieren Staaten mit höherem Anteil an Latinos und/oder niedrigerem Anteil an Afro-Amerikaner wie Colorado, Maine, Massachusetts, Utah und Vermont zu Bernie Sanders. Nach dem Erfolg in South Carolina ist zu erwarten, dass Joe Biden Vorteile in Alabama, North Carolina und Tennessee haben wird. Interessant wird es in Virginia, das nach dieser Logik an Biden fallen sollte. Da die bislang verfügbaren Umfragen vor dem Wahlgang in South Carolina durchgeführt wurden, wird hier bislang noch Sanders an der Spitze gesehen.

Ausdünnen des Bewerber*innenfeldes

Nichtsdestotrotz wird der Super Tuesday auf einen Zweikampf zwischen Sanders und Biden hinauslaufen. Dies schlägt sich auch zunehmend im Verzicht von Mitbewerber*innen nieder. So hat sich in der vergangenen Nacht der Shooting Star dieser Vorwahlen, Pete Buttigieg, aus dem Rennen verabschiedet. Sein Rückzug könnte in der Folge eine Stärkung Joe Bidens im Rennen gegen Bernie Sanders darstellen.

Der morgige Wahlgang könnte zwei weitere Kandidatinnen zum Stopp ihrer Kampagnen bewegen, die mit wenigen Delegiertenstimmen abgeschlagen sind. Elizabeth Warren (Platz 4 mit 8 Delegierten) und Amy Klobuchar (Platz 5 mit 7 Delegierten) treten am Super Tuesday auch in Ihren Heimatbundesstaaten Massachusetts und Minnesota an. Während Klobuchar Aussichten auf einen Wahlerfolg eingeräumt werden, der ihr den Ausstieg aus dem Rennen mit einem Achtungserfolg ermöglichen würde, wird Elizabeth Warren aller Voraussicht nach leer ausgehen. Eine Fortführung ihres Wahlkampfs mit diesem Makel ist wohl nur schwer vorstellbar.

Die Folge würde eine weitere Konsolidierung der progressiven und moderaten Stimmen bedeuten. Eine offene Frage bleibt, wie sich der ehemalige New Yorker Bürgermeister, Michael Bloomberg, verhalten wird. Er erreicht in den Umfragen in manchen Staaten 15% und mehr, was einer Schwächung Bidens gleichkommt. Sollte auch er spätestens nach dem Super Tuesday aus dem Rennen aussteigen, nimmt der Zweikampf zwischen Bernie Sanders und Joe Biden konkretere Züge an.

 


[1] Alabama, Arkansas, California, Colorado, Maine, Massachusetts, Minnesota, North Carolina, Oklahoma, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia sowie American Samoa. Letzteres wird in den folgenden Ausführungen nicht berücksichtigt.