Umsatzsteuer auf die politische Bildung? Stellungnahme der Akademie zur drohenden Verteuerung der Weiterbildung

Zum Hintergrund: Im Referentenentwurf zum „Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“, beschlossen vom Bundeskabinett am 31.7., verbirgt sich eine Verkürzung der Steuerbefreiungsregeln auf bestimmte Weiterbildungsangebote.

Das Gesetz sieht u.a. eine Änderung der Steuerbefreiungsregelungen für Weiterbildungseinrichtungen vor, die zum 01.01.2021 in Kraft treten soll. Die bisherige zentrale Schutzvorschrift des § 4 Nr. 22 a UStG soll gestrichen werden, stattdessen erfolgt eine Neuregelung in einem § 4 Nr. 21 a UStG.

Wir befürchten, dass mit der Neuregelung erhebliche umsatzsteuerliche Belastungen auf die Volkshochschulen und andere Weiterbildungseinrichtungen in Deutschland zukommen werden. Eine höhere Besteuerung des Kursangebots hätte unmittelbare Folgen für die Weiterbildungspraxis: Volkshochschulen und andere Träger wären gezwungen, von bildungsinteressierten Bürgerinnen und Bürgern höhere Entgelte für Bildungsleistungen zu verlangen. Hiervon ausgenommen soll nur die im engsten Sinne beruflich verwertbare Weiterbildung ausgenommen sein. Das Gros der Weiterbildungsveranstaltungen – und auch die gesamte politische Bildung – unterlägen damit der Umsatzsteuer.

Die Akademie befürchtet durch diese Gesetzesänderung

  1. eine höhere Steuerbelastung für Teilnehmer*innen
  2. die Exklusion oder Benachteiligung bestimmter Teilnehmer*innen (z.B. Senioren)
  3. ein erhöhtes Maß an Rechtsunsicherheit für die Erbringer der Leistungen.

Gleichzeitig sendet es ein fatales Signal zu Zeiten, in denen der öffentliche Meinungsbildungsprozess konfrontiert und durchzogen wird von Populismus, Desinformation, Demokratieskepsis. Politische Komplexität benötigt sachorientierte Expertise, die Vorgänge erklärt, einordnet und begleitet. Dies geschieht auf Veranstaltungen der politischen Bildung.

Der Zugang zu politischer Bildung muss somit inklusiv gestaltet werden und darf nicht noch zusätzliche finanzielle Hürden beinhalten.

Gleichzeitig empfindet die Akademie den Entwurf auch als Widerspruch zu der Nationalen Weiterbildungsstrategie. In dieser Strategie "legen Bund, Länder, Wirtschaft, Gewerkschaften und die Bundesagentur für Arbeit gemeinsam den Grundstein für eine neue Weiterbildungskultur."

Moderne Bildungsangebote sind nicht eindeutig zwischen beruflicher und allgemeiner Weiterbildung zu trennen, vielmehr erlaubt die politische Bildung eine Vermittlung von Allgemeinbildung und berufsbildenden Angeboten. Zu unseren Veranstaltungen kommen nicht nur Lehrer*innen, Referendare, oder Studierende – vielmehr zeugt das Profil der Teilnehmer*innen von einem Querschnitt durch die Gesellschaft. Durch unsere Angebote ermöglichen wir eine aktive und bewusste Teilhabe am politischen Geschehen und der Gesellschaft.

Es käme somit auch zu einer Benachteiligung von Menschen, die an Veranstaltungen der politischen Bildung teilnehmen wollen aber nicht oder nur eingeschränkt erwerbstätig sind. Dieser Gesetzesentwurf konterkariert damit die Bemühungen um lebenslanges Lernen und aktive Teilhabe an der Gesellschaft.

Bereits am 2. September steht dieser Gesetzesentwurf auf der Tagesordnung im Ausschuss des Bundesrates für Kulturfragen, am 5. September auf der Tagesordnung des Finanzausschusses des Bundesrates. Hier haben die Bundesländer also noch die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen.