Comeback Joe. Erste Ergebnisse, Gründe und Implikationen zum Super Tuesday

von Dr. David Sirakov

Das Lieblingswort der politischen Beobachter in diesem Vorwahlzyklus sollte wohl nach der letzten Nacht leicht abgewandelt werden: Statt Momentum muss es erst einmal Joementum heißen. Joe Biden ist insgesamt gesehen der Sieger des gestrigen Super Tuesday und feiert damit ein Comeback, an das vor einer Woche nur Wenige geglaubt haben. Das Ergebnis hält mithin Erwartbares und Überraschungen bereit.

Zunächst steht fest, dass die Vorwahlen der Demokratischen Partei auf den Zweikampf zwischen Joe Biden und Bernie Sanders hinauslaufen. Nur mit der Ausnahme des US-Territoriums American Samoa, das Michael Bloomberg gewann, teilen sich die beiden Frontrunner die Siege auf. Doch nicht so, wie gemeinhin erwartet.

Wie bereits gestern vermutet, konnte Joe Biden die Bundesstaaten mit signifikantem Anteil an Afro-Amerikaner*innen an der Bevölkerung wie Alabama, Arkansas, North Carolina, Oklahoma, Tennessee und Virginia gewinnen. Und er konnte auch darüber hinaus punkten. Durch die Schützenhilfe der am Montag aus dem Rennen ausgestiegenen Senatorin aus Minnesota, Amy Klobuchar, schaffte es Biden den Bundesstaat für sich zu entscheiden. Noch überraschender sind aber seine Erfolge in Massachusetts und Maine. Letzterer ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz sicher, die Hochrechnungen laufen aber auf Biden hinaus. In den letzten Umfragen zu diesen beiden Bundesstaaten sah es dabei noch nach Bernie Sanders aus. Damit übertraf Joe Biden die Erwartungen, die nach seinem deutlichen Sieg in South Carolina deutlich angestiegen waren. 

Bernie Sanders blieb hingegen deutlich hinter selbigen. Die Siege in Colorado, Kalifornien, Utah und seinem Heimatbundesstaat Vermont waren Pflicht, reichen aber nicht, um ein klares Signal in Richtung Nominierung zu senden.

Gründe für den Wahlausgang

Verantwortlich für die Ergebnisse ist wie so häufig eine Vielzahl an Gründen.

Wie bereits erwähnt, ist das Wahlverhalten bestimmter Wählergruppen einer der Faktoren. Während jüngere Wählerschichten bis 44 Jahren deutlich stärker für Sanders stimmten, war Biden bei den Wählern ab 45 Jahren - und dabei insbesondere ab 65 Jahren - erfolgreich. Den Ausschlag gab hier wie so oft die Wahlbeteiligung. Entgegen der Erwartungen des Sanders-Lagers konnte der Anteil jüngerer Wähler nicht erhöht werden und blieb auch hinter den Anteilen zurück, die im Vorwahlkampf 2016 erreicht wurden. Demgegenüber stieg die Wahlbeteiligung unter den Wählern ab 65 Jahren deutlich an.

Weitere interessante Wählergruppen sind die Latinos und Afro-Amerikaner. Während Erstere zu Sanders tendieren, wählen Letztere deutlich häufiger Biden. In beiden Wählergruppen lässt sich allerdings auch der "Alterseffekt" ausmachen. D.h., je älter die Wähler, desto eher stimmen sie für Joe Biden. Angesichts des auch hier vorhandenen Ungleichgewwichts in der Wahlbeteiligung zeigen sich Vorteile für Biden. Exemplarisch sind hier die Exit Polls in Texas.

Eine dritte hier zu betrachtende Kategorie ist der Bildungsgrad. Und auch hier fällt ein Vorteil für Joe Biden ins Auge. Dieser hat aber weniger mit seinem etwaig guten Abschneiden unter den Wählern mit oder ohne College-Abschluss zu tun, sondern vielmehr mit den Werten, die auf die (Noch-)Mitkonkurrentin Elizabeth Warren fallen. Als ebenfalls progressive Kandidatin hat sie bspw. in Kalifornien und Massachusetts größere Wählerteile mit College-Abschluss (zwischen 20 und 26%) für sich gewinnen können, was sich klar zu Ungunsten von Bernie Sander auswirkte.

Aber auch Faktoren, die mittelbar auf die Wählerschaft Einfluss haben und vor dem Super Tuesday stattfanden, sind zu beachten. Der Ausstieg von Pete Buttigieg und Amy Klobuchar sowie deren Unterstützung für die Kandidatur Bidens waren besonders wichtig, die Signalwirkung des Sieges in South Carolina in die nächste Wahlrunde zu tragen. Hinzu kommnt sicherlich ein medialer Effekt. Bidens Erfolg in South Carolina verschaffte ihm in der landesweiten Berichterstattung notwendige Aufmerksamkeit. 

Auf die Delegiertenstimmen kommt es an

Die Siege in den einzelnen Bundesstaaten sind eins, etwas anderes ist die Verrechnung der Ergebnisse in Delegiertenstimmen. Da es sich hierbei um ein quasi-Verhältnissystem handelt, partizipieren alle Kandidaten, die auf Distriktebene über 15% der Stimmen erhalten, an den zur Verfügung stehenden Delegiertenstimmen. Nach jetzigem Stand (04.03.2020, 15:00 Uhr) konnten von den 1.338 in den 14 Bundesstaaten zu vergebenen Delegiertenstimmen erst 648 verteilt werden. Es fehlen somit noch die Verteilung von insgesamt 690 stimmen, wobei allein in Kalifornien 273 und in Texas 146 Stimmen zu vergeben sind. Das genaue Ergebnis wird also noch auf sich warten lassen.