von Jacob Weißenauer
Und wieder dürfte es passieren: Der 81 Jahre alte Joe Biden tritt erneut gegen den nur vier Jahre jüngeren Donald Trump im Rennen um die US-Präsidentschaft an. Gerade als junger Mensch fragt man sich, wie es dazu kommen kann, dass sowohl die Demokraten als auch die Republikaner keinen jüngeren Kandidaten aufstellen.
Ist es nur ein wenig Zufall, dass erneut zwei sehr alte Männer die Präsidentschaftskandidaten der beiden etablierten Parteien der USA sein werden? Oder ist es in der US-Politik ein weit verbreitetes Phänomen, dass vor allem alte Menschen in machtvolle politische Positionen kommen oder in ihnen verharren?
Hochbetagte Politiker*innen
Schaut man sich einige aktuelle Beispiele an, kommt man schnell zu der Erkenntnis, dass das hohe Alter der beiden Präsidentschaftskandidaten keine totale Ausnahme in der US-Politik darstellt, sondern tatsächlich so etwas wie eine Gerontokratie („Herrschaft der Alten“) in den USA vorherrschen könnte. Schließlich sind, neben Trump und Biden, die beide um die 80 Jahre alt sind, einige weitere Personen in wichtigen Positionen in der US-Politik ziemlich alt. Mitch McConnell ist republikanischer Minderheitsführer im Senat; Nancy Pelosi war bis zum letzten Jahr Sprecherin im Repräsentantenhaus. Sie sind jeweils über 80 Jahre alt. Im Kongress findet man genügend weitere Beispiele für hohes Alter in der US-Politik. Der Republikaner Don Young war bis zu seinem Tod vor zwei Jahren im Alter von 88 Jahren Mitglied des Repräsentantenhauses; die Senatorin Dianne Feinstein starb im letzten Jahr im Alter von 90 Jahren und war bis dahin ebenfalls noch im Amt. Die Liste alter PolitikerInnen in den USA könnte man endlos fortführen.
Es gibt also immer wieder Fälle von hochbetagten Menschen in wichtigen Positionen in der amerikanischen Politik. Aber auch in der Breite sind die US-PolitikerInnen vergleichsweise alt: Das Durchschnittsalter im US-Senat liegt bei 63 Jahren, während der Median der Bevölkerung bei etwa 38 Jahren liegt. Obwohl es natürlich nicht ungewöhnlich ist, dass Abgeordnete im Schnitt älter sind als die Bevölkerung, ist die Differenz in den USA besonders hoch. In Deutschland ist der Altersschnitt im Bundestag mit rund 47 Jahren beispielsweise doch nochmal deutlich geringer.
Gründe für die Überalterung in der US-Politik
Auf der Suche nach möglichen Gründen für das Phänomen des hohen Alters vieler US-Politiker stößt man schnell auf ökonomische Aspekte. In der amerikanischen Politik sind die finanziellen Ressourcen eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg einer Politikerin oder eines Politikers. Erst mit genügend Geld kann eine erfolgreiche Kampagne gelingen. Da allerdings vor allem ältere Menschen in den USA finanziell gut dastehen, haben es jene tendenziell leichter, politisch erfolgreich zu sein. Zwei Drittel des Vermögens gehört in den USA den über 55-Jährigen, viele junge Menschen schlagen sich mit Schulden aus ihrem Studium durch das Leben. Dies spiegelt sich dann auch in der Altersstruktur der politischen Elite wider.
Eine weitere Ursache könnte in der je nach Alter sehr unterschiedlichen Wahlbeteiligung der US-Bevölkerung liegen. Die Wahlbeteiligung ist bei älteren Menschen in den USA deutlich höher als bei jungen Menschen. Das könnte den Erfolg älterer PolitikerInnen begünstigen, da sie von einem älteren Elektorat eher gewählt werden dürften.
Auswirkungen der Überalterung
Doch egal welche Gründe hinter der Überalterung stehen, bringt sie vermutlich einige Folgen mit sich. Als junger Mensch gelangt man schnell zu der Frage, ob die Interessen der jüngeren Generationen angesichts einer sehr alten politischen Elite genügend vertreten werden. Ist es nicht ein großes Problem, wenn die politische Elite einer der entscheidendsten Nationen im Kampf gegen den Klimawandel mit PolitikerInnen bestückt ist, die selbst von den fatalen Auswirkungen der Klimakrise nicht mehr betroffen sein werden? Wenngleich es vielleicht naiv ist, zu glauben, dass junge PolitikerInnen automatisch ein höheres Problembewusstsein über den Klimawandel besitzen, stellt dies doch ein Problem dar.
Auch in sozialen Fragen ist es schwierig, wenn die junge Generation nicht genügend in der politischen Elite abgebildet wird. Es ist vielleicht kein Zufall, dass gerade in den USA die Studienkosten so enorm hoch sind.
Von diesen allgemeinen Gefahren einer zu alten politischen Elite für die politischen Richtungsentscheidungen eines Landes abgesehen, ist das hohe Alter auch aus rein praktischer Sicht heikel. Man fragt sich schon, inwieweit es als Person über 70 oder gar 80 Jahren noch möglich ist, machtvolle und belastende Positionen auszuüben. Kann beispielsweise Joe Biden zu jeder Zeit mit voller Energie Krisenmanagement betreiben, wie das ein US-Präsident in globalen Notsituationen tun muss? Könnte es Donald Trump noch tun? Es ist schon fraglich, ob Personen in diesem Alter dieses Arbeitspensum und diesen Druck noch ohne Weiteres aushalten können.
Persönliche Schlussfolgerungen
Nachdem ich mich nun etwas mit dem Zustandekommen und den Auswirkungen alter Menschen in der US-Politik auseinandergesetzt habe, komme ich zu dem Fazit, dass die Überalterung der amerikanischen PolitikerInnen ein ernsthaftes Problem darstellt. Natürlich sagt das Alter eines Menschen nicht unbedingt etwas über die politischen Ansichten aus und es mag auch viele PolitikerInnen geben, die auch noch in hohem Alter eine sehr hohe Leistungsfähigkeit besitzen. Trotzdem ist die allgemeine Tendenz der überalterten politischen Elite eine aus meiner Sicht nicht zufriedenstellende Situation, die durchaus die Politikverdrossenheit jüngerer Generationen befördern kann. Kein Wunder also, dass viele jüngere Menschen in den USA überhaupt erst gar nicht wählen gehen, was den Effekt der Überalterung der politischen Elite wiederum verstärken dürfte.
Mir scheint es daher absolut notwendig, Maßnahmen zu ergreifen, die eine Verjüngung der amerikanischen Politik vorantreiben. Wählen muss für die jüngere Generation attraktiver werden, damit die Wahlbeteiligung und damit der politische Einfluss jüngerer AmerikanerInnen steigt. Und auch die Abhängigkeit des politischen Erfolgs von ökonomischen Ressourcen sollte verringert werden, um der finanziell noch nicht so gut aufgestellten jüngeren Generation den politischen Aufstieg zu ermöglichen. Wohl wissend, dass eine Erhöhung des politischen Einflusses jüngerer Generationen auf die amerikanische Politik ein weiter Weg sein wird, bleibt zu hoffen, dass zumindest bis zur Präsidentschaftswahl 2028 ein Generationenwechsel in einigen Spitzenämtern der amerikanischen Politik vollzogen sein wird. Zumindest dürfte aufgrund der Amtszeitbeschränkung ein erneuter Amtsinhaber Biden oder Trump 2028 nicht erneut aufgestellt werden.
Jacob Weißenauer ist Student an der RPTU Kaiserslautern-Landau. Der Beitrag ist ein persönlicher Meinungsbeitrag.