Build that Wall? Der Bau der Mauer und die US-Standorte in Deutschland

von Sarah Wagner

"Build that wall!" Die Forderung nach einer Mauer an der Grenze der USA zu Mexiko dominierte den Wahlkampf von Donald Trump schon 2016. Und auch während seiner Präsidentschaft entpuppte sich das umstrittene Thema als ein idealer Mobilisierungsmechanismus für die Stammwähler des Präsidenten und dessen Gegner. Die komplexe Einwanderungspolitik eines Landes wurde somit auf ein oft symbolisches Element reduziert, gab und gibt es doch an vielen Grenzpunkten in den USA bereits Barrieren, Mauern und natürliche Hindernisse wie Berge und Flussdeltas. Die politische Auseinandersetzung mit dem Kongress um die Finanzierung des Baus der neuen Mauerabschnitte verlor der Präsident, da der Kongress ihm letztendlich nicht seine geforderte Summe von 5,7 Milliarden Dollar bewilligte und es über die Auseinandersetzung vom 22. Dezember 2018  bis zum 25. Januar 2019 zu einem "government shutdown" kam, dem längsten in der amerikanischen Geschichte. Um die gewünschten 722 Meilen an Grenzzaun zu erbauen oder zu erneuern, musste der Präsident somit auf andere Geldquellen ausweichen. Diese fand er, unter anderem, im Verteidigungsministerium und somit auch bei in- und ausländischen Militärstandorten. Auf welche Grundlage stützt sich die Administration hier und welche deutschen Standorte sind hiervon betroffen?

Die rechtliche Lage

Am 15. Februar 2019 rief Präsident Trump einen nationalen Notstand an der südlichen Grenze der USA aus und berief sich im Anschluss unter anderem auf folgende Gesetze und Richtlinien, um Gelder aus dem Verteidigungsministerium für den Bau der Mauer zu verwenden: die Abschnitte 8005 und 9002 des 2019 Department of Defense Appropriations Act sowie in diesem Zusammenhang §2808 und §284 im U.S.C. 10 Kapitel 169 und 15 . Zwar wurde dieses Vorgehen sofort von mehreren Gerichtsverfahren begleitet, der Supreme Court entschied jedoch am 26. Juli 2019 im Sinne der Trump-Administration, die von nun an das Geld durch den Department of Defense Appropriations Act 2019 nutzen darf, obwohl diverse Gerichtsverfahren bezüglich des Mauerbaus noch andauern.

Basierend auf dem Abschnitt 8005 werden somit beispielsweise insgesamt 2,5 Milliarden Dollar in den Department of Defense Bereich der "counterdrug activities" umgeschichtet, die Mittel können dann (basierend auf 10 U.S.C. § 284) zur Drogenbekämpfung eingesetzt werden, z.B. indem Barrieren an der Grenze errichtet werden, die den Drogenschmuggel unterbinden sollen. Sprich, eine Mauer. Eine Milliarde Dollar ging hier durch das Drug Interdiction and Counter Drug Activities Konto direkt auf das Konto des U.S. Army Corps of Engineers und wird dort zum Bau genutzt. Schon im Mai 2019 wurden 1,5 Milliarden Dollar aus anderen Bereichen umgewidmet und durch die Deklarierung als "counterdrug activities" für den Mauerbau verplant. 

Durch die Berufung auf einen nationalen Notstand kann die Regierung auch auf den oben erwähnten §2808 zurückgreifen. Seit 1982 ermächtigt dieser Paragraph den Verteidigungsminister, in diesem Fall Mark Esper, dazu, in nationalen Notfällen militärische Bauprojekte zu finanzieren, die zur Unterstützung des Militärs nötig sind und anderweitig nicht von Gesetzen autorisiert sind - dazu können intern dann auch Gelder umgewidmet werden. In einem Memorandum vom 3. September beruft sich Verteidigungsminister Esper auch auf genau diesen Paragraphen und benennt 11 Bauprojekte zu einem Preis von 3,6 Milliarden Dollar, die er als notwendig erachtet "to support the use of the armed forces in connection with the national emergency", also den Bau einer Mauer bzw. von Mauerabschnitten mit insgesamt 175 Meilen Länge. Von wo genau kommen dann die umgewidmeten Gelder? Von militärischen Bauprojekten aus dem In- und Ausland, bei denen Standorte ausgebaut oder verbessert werden sollten und deren zugewiesene Mittel noch nicht genutzt wurden. Vorrang haben hier zuerst die Mittel aus dem Ausland – also auch aus Deutschland – bevor Mittel von US-Installationen abgerufen werden. Im Ausland befindet sich auch die größte Anzahl an Projekten (64), von denen Mittel umgeschichtet werden. Aus den US-Territorien sind 21 Projekte betroffen, innerhalb der USA 43.

US-Stützpunkte in Deutschland

Von den 1,836 Milliarden Dollar weltweit entfallen auf Deutschland knapp 467 Millionen, betroffen sind die Standorte in Baumholder, Grafenwöhr, die Panzer Kaserne in Stuttgart, Ramstein, Spangdahlem, Stuttgart und Wiesbaden. Unter den Bauprojekten, deren Gelder nun für den Bau der Mauer verwendet werden sollen, befinden sich Lagerhäuser, Grundschulen oder auch Trainingsanlagen. Allein auf Rheinland-Pfalz entfällt eine Summe von knapp 287 Millionen Dollar, die nun für den Mauerbau und die Grenzsicherung in den USA verwendet wird. Im Einzelnen geht es um die SOF Joint Parachute Rigging Facility in Baumholder, Gelder des 37 Airlift Squadron der Ramstein Air Base, EDI - KMC DABS-FEV/RH Lagerhäuser der Ramstein Air Base, eine F/A-22 Low Observable/Composite Repair Einrichtung in Spangdahlem, Entwicklung und Infrastruktur der Spangdahlem Air Base, den Ersatz für die Grundschule der Spangdahlem Air Base sowie ein Upgrade für einen Flugzeugunterstand – ebenfalls in Spangdahlem. Die ausgewählten Projekte seien, laut Pentagon, in der Planung teilweise bereits verzögert oder Aufträge dafür noch nicht vergeben.

Ausblick

Es ist zu erwarten, dass sich der Widerstand gegen die hier beschriebenen Pläne in den kommenden Monaten auf der politischen und rechtlichen Ebene noch einmal verstärken wird. Führende Demokraten im U.S. Senate Committee on Appropriations haben sich schon schriftlich an Verteidigungsminister Esper gewandt und hinterfragen seinen Verweis auf §2808 bzw. lehnen ihn ab. Zudem spricht das Verteidigungsministerium davon, die betroffenen Projekte seien lediglich "aufgeschoben". Ob der Kongress für die Projekte aber erneut Mittel bewilligen würde, ist angesichts der Machtverhältnisse im Kongress unklar. Ganz grundsätzlich zeigt sich an dieser Debatte erneut das Kräftemessen zwischen dem Kongress und den Befugnissen der Exekutive, welches Präsident Trump in einem ersten Schritt für sich entschieden hat.  

Auch wird es interessant sein zu beobachten, wie sich Kongressmitglieder positionieren werden, wenn es nach der Aufnutzung der Mittel aus dem Ausland konkret um die Verteilung der Gelder von Militäreinrichtungen in ihren Distrikten bzw. Bundesstaaten geht. Ob sie sich auch für die Militärstandorte im Ausland einsetzen werden, ist noch nicht abzusehen. Rechtlich gesehen wird die Vorgehensweise der Trump-Administration ebenso weiter angefochten werden. Denn viele Landabschnitte, auf denen gebaut werden soll, befinden sich z.B. im Privatbesitz oder stehen aus umweltrechtlichen Gründen unter Schutz. So einfach wie der Ruf "Build that wall" es suggerieren mag, wird es also für Präsident Trump nicht werden.